Saarbrücker
Zeitung, 5.12.03 zum Konzert
"...höre des Herren Stimme" vom 31.11.03 in der Ev. Kirche
Ottweiler
Klänge jenseits
der Musik
Aussergewöhnliches Kirchenkonzert mit Jörg und Bettina Nonnweiler
in Ottweiler
Im Mittelpunkt
eines aussergewöhnlichen Konzerts in Ottweiler stand eine Uraufführung:
"Antiphona sopra Jerusalem" Jörg Nonnweiler hatte das Stück
für seine Frau komponiert. Eine Herausforderung.
Ottweiler (ehn).
Die Traurigkeit und die hoffnungsfrohe Stimmung des Totensonntags, sie
bestimmten auch das Programm des Kirchenkonzerts mit Jörg Nonnweiler
an der Orgel und Bettina Nonnweiler als Sopranistin. Die Lieder und Arien
dieses Abends ebenso wie die Orgelpartien verlangten den beiden einiges
ab. Das Publikum bedankte sich stehend mit lang anhaltendem Applaus.
"...höre
des Herren Stimme" war die musikalische Stunde überschrieben.
Im Mittelpunkt stand eine Uraufführung "Antiphona sopra Jerusalem".
Jörg Nonnweiler hatte sie in den vergangenen Monaten für seine
Frau komponiert. Dass eine andere Arie, die zuerst geschrieben war, vorerst
in der Schublade liegen blieb, lag nicht an der Komposition, sondern an
diesem Programm, das für November konzipiert war.
Nonnweilers Lied
fordert heraus. Man soll als Zuhörer nachdenklich werden, sich Gedanken
machen, was Jerusalem einem selbst bedeutet. Dabei geht es nicht nur um
die Stadt im Nahen Osten, diese lokale Hoffnung seit Jahrtausenden, dieses
Synonym für unmenschliche Vergangenheitsbewältigung, diese den
monotheistischen Religionen wichtige Stätte der Klage und Bitte, diese
den Juden, Christen und Moslems eigene Utopie am Ende allen gelebten Glaubens.
Jerusalem als
Sehnsucht, Verheißung und Geißel. Jerusalem als Traum. Jerusalem
auch als eine ganz persönliche Eingrenzung.
Nonnweiler hat hier viel von sich preisgegeben und alles mit einem einzigen
Wort seiner Frau in den Mund gelegt. Hier lebt ein Mensch unter Menschen,
wer immer er ist, wer immer sie sind. Hier hofft jemand auf das, was sie
stimmlich an Transzendenz vermutbar machen kann. Dieses sehnsuchtsvolle
Bitten, man möge seine Ängste und Hoffnungen mitschwingen lassen,
sich dem Geheimnis dieser sowohl im Alten wie im Neuen Testament wichtigen
Buchstaben übereignen.
Die bloße
Anrufung dieses Namens als archaische Gesangsformel ist "Ausgangspunkt
für die melodische Entwicklung, die im Dialog mit der Orgel Raum für
sujektive Assoziationen zur Bedeutung" des symbolträchtigen Stadtnamens
werden lässt, so Nonnweiler selbst.
Die Musik ist
so komponiert, dass sich Obertöne und Kombinationstöne wahrnehmen
lassen, die einen Klang jenseits der notierten Musik hörbar machen.
Diesen fast schon sphärischen Klang in uns und um uns, vielleicht
auch über uns. Die bewusst reduzierte Struktur stellt sich in den
Dienst von allen Empfindungen
Das Mendelssohnsche
anklagende "Jerusalem" aus dem Oratorium "Paulus" war
inhaltlich und stimmlich eine hervorragende Voraussetzung für die
eigene Komposition.
Und die Kantate "Wer nur den lieben Gott lässt walten" mag
inhaltlich für den Nachhall auf dem Nachhauseweg gesorgt haben. "Höre,
Israel - So spricht der Herr: Ich bin euer Tröster" aus dem "Elias"
am Schluss des Abends war der Punkt hinter den Sonntagsgedanken.
Davor gab es
auch Lieder von Bach und Stücke von Brahms, die in den Rahmen passten,
der da gesteckt war.